Donnerstag, 09. Februar 2023

Wer schreibt den besseren Nachruf? Wikipedia oder Volker Schmidt von zeit.de?

Heddesheim/München, 26. Juni 2011. Der großartige Schauspieler Peter Falk ist im Alter von 83 Jahren gestorben. Zeit für Nachrufe auf den Charakterdarsteller. So auch bei zeit.de. Oder wars in Wikipedia?

Von Hardy Prothmann

Damit eines von vorneherein klar ist. Ich behaupte definitiv nicht, dass ein Volker Schmidt für zeit.de den Eintrag bei Wikipedia zu Peter Falk abgeschrieben hat. Ich behaupte auch nicht, dass er ihn geschrieben hat. Ich finde es nur merkmürdig, dass sich der Nachruf auf zeit.de und der Artikel bei Wikipedia so sehr ähneln.

Denn ich stelle fest, dass wesentliche Teile des Nachrufs auf zeit.de identisch mit dem Artikel bei Wikipedia sind. Nicht wortgleich, aber faktengleich.

Der Artikel in der Rolle des Journalismus. Wieviel vom Nachruf bei zeit.de ist "echt", wieviel "gespielt"?

Und ich mutmaße, dass der Wikipedia-Artikel älter ist, als der Nachruf von Schmidt auf Falk.

Ich mutmaße nicht, dass Herr Schmidt sich in wesentlichen Teilen auf den Wikipedia-Artikel stützt. Schon gar nicht vermute ich ein Plagiat. Denn die ZEIT und zeit.de sind Qualitätsprodukte. Deswegen gehe ich davon aus, dass Herr Schmidt weit mehr Quellen verwendet hat, als den Wikipedia-Artikel und dort genannte Quellen.

Ich vermute, dass Herr Schmidt auch gegoogelt hat. Ziemlich sicher bin ich, dass Herrn Schmidt keine Primärquellen zur Verfügung standen.

Ganz sicher weiß ich, dass Herr Schmidt nicht im Brockhaus zu Peter Falk aktuelle Informationen nachgeschlagen haben kann. Denn erstens war der Brockhaus noch nie aktuell und zweitens ist das frühere Werk für „gesammeltes Wissen“ schon selbst seit ein paar Jahren Geschichte.

Und ich stelle fest, dass Herr Schmidt seinen Nachruf flotter geschrieben hat, als der Artikel bei Wikipedia zu lesen ist. Das ist eine schöne Freiheit des Journalismus, gerne auch mal unpräsizer zu sein, dafür aber lesbarer. Bei Wikipedia kämpfen die freien Autoren teils um jedes Wort, was Sätze manchmal holprig macht. Hauptsache, die Fakten stimmen.

Der Nachruf bei zeit.de liest sich besser, ist aber informationsärmer. Was schade ist. Für ein Informationsmedium.

Und leider ist auch die Analyse des Charakers und des „Columbo-Effekts“ nur unzureichend beschrieben. Was Herr Schmidt beschreibt, ist einigermaßen korrekt, aber leider analytisch ungenügend.

Ich weiß das, weil ich den „Columbo-Effekt“ gerne nutze – ein wenig so, wie das Herr Schmidt beschreibt. Aber tatsächlich ist der „Plot“ nicht beschrieben, die wirkliche Schürzung des Knotens.

Fraglich ist, ob Herr Schmidt überhaupt je eine Columbo-Folge gesehen hat. Vielleicht hat er das. Vielleicht sogar viele. Und wenn das so ist, ist es umso bedauerlicher, dass er den „Trick“ nicht verstanden hat. Denn das belanglose Blabla ist nur die Vorbereitung auf das Finale.

Dazu steht auch nichts im Wikipedia-Artikel. Folglich auch nicht in Schmidts „Nachruf“?

Das ist gut so, denn somit bleibt der Trick geheim und ich kann ihn weiter nutzen.

Herrn Schmidt würde ich, wenn ich ihn mal treffen sollte, gerne etwas fragen. „Just one more thing“ – nur noch eine Sache:

Haben Sie zum ersten Mal einen Artikel von Wikipedia plagiiert oder schon öfter? Das heißt nicht, dass ich sage, dass das so ist, es ist einfach nur eine Frage. Verzeihen Sie bitte. Ich verstehe die Zusammenhänge manchmal nicht gut. Und außerdem wartet meine Frau auf mich. Wir haben heute ein Familienfest. Und eigentlich muss ich schon jetzt da sein. Sonst ist sie böse mit mir. Aber mein Chef will auch, dass die Akte geschlossen wird, sonst ist der böse auf mich. Sie verstehen? Aber ich will sie nicht mit meinem Gerede aufhalten. Trotzdem: Ich muss das fragen. Sie verstehen. Fürs Protokoll. Wenn Sie jetzt sagen: „Das ist absurd“, dann nehme ich das gerne zur Kenntnis als Antwort. Ist es das? Absurd?

Für die Akten (Lesen Sie bitte beide „Artikel“ und staunen Sie):

Der Artikel auf Wikipedia.de

Der Nachruf bei zeit.de

Print Friendly, PDF & Email