Mannheim/Kotzpott, 30. Dezember 2015. Wow – zum Jahresende geht es rund. Da habe ich Zoff mit der taz – was die noch nicht so ganz verstanden hat. Und da gibt es jede Menge Twitter- und Facebook-Aktivitäten mit einem bärtigen Typen, der David Schraven heißt. Und wie wild gegen PR ist und mich beschuldigt, unkritisch „PR“ zu veröffentlichen. Ich muss da mal was klären. Der Herr Schraven wird kein Wort verstehen. Macht nix.
Von Hardy Prothmann
Was ist der Unterschied zwischen einem Journalisten und einem PR-Menschen? Da gibt es bestimmt viele Unterschiede. Ich greife ein paar wesentliche heraus:
Der Journalist, ich nenne ihn mal David, verachtet den PR-Menschen zutiefst. Denn der Journalist ist unabhängig und für das Schöne, Gute, Edle zuständig. Er ist kritisch und unbestechlich.
Der PR-Mensch hingegen ist abhängig von dem einen Auftraggeber. Er ist ein Befehlsempfänger. Er ist nicht frei und unabhängig. Und im Zweifel soll er das Häßliche, Schlechte und Üble lobpreisend in die Welt bringen.
Soweit die Klischees.
Tatsache ist: Die meisten Journalisten sind Hungerleider, die meisten PR-Menschen nicht. Die meisten Journalisten würde ohne die Vorlagen der PR-Menschen nicht nur Hunger leiden, sondern an Hunger sterben.
Richtig ist – zumindest in der Theorie – dass PR-Menschen ihr Unternehmen vertreten und Journalisten, ja was machen die eigentlich?
Insgesamt so ziemlich dasselbe wie PR-Menschen. Informationen verarbeiten und aufbereiten. Die PR-Menschen für ihr Unternehmen und die Journalisten für „die Öffentlichkeit“.
Ups. Die Öffentlichkeit. Davon gibt es viele und sowohl Journalisten als auch PR-Menschen beackern diese verschiedenen Öffentlichkeiten.
In der Vorstellung von Hardcore-Steinzeit-Journalisten wie Schraven, sind PR-Menschen immer schlecht und „echte“ Journalisten immer gut.
Leider ist das auch nur eine sehr theoretische Vorstellung. Die hatte ich früher auch mal. Seitdem bin ich gereift.
Ich war als Journalist noch niemals angestellt und musste mich noch niemals einem Tendenzbetrieb unterwerfen. Ich habe gehört, dass dies insbesondere bei der WAZ und der taz sehr ausgeprägt ist, zwei Redaktionen für die der oben genannte Steinzeit-Journalist gearbeitet hat. Ich habe diese Prägung nicht.
Im Laufe von 25 Berufsjahren habe ich jeden Typ PR-Mensch kennengelernt – und mit vielen arbeite ich gerne und gut zusammen. Weil sie sehr, sehr gute Arbeit machen. Sie wissen, wie ich ticke und ich weiß, unter welchen Bedingungen sie arbeiten.
Diese PR-Menschen haben etwas, dass leider viele Journalisten nicht haben – ein systematisches Korrektiv. Sie müssen sich erklären, sie müssen Konsequenzen fürchten, wenn sie was verbocken. Anders als Journalisten – da versendet sich das oder es wird ein Fisch drin eingewickelt.
Deswegen arbeiten PR-Menschen häufig sehr viel exakter als Journalisten. Exakt interessengesteuert, aber eben auch so verlässlich.
Im Laufe meiner „Reifung“ habe ich damit umzugehen und das nutzen gelernt. Jeder PR-Mensch, der mit mir ein wenig enger zusammenarbeitet, weiß, dass ich auf falsche Informationen kiebig reagieren würde. Das ist doppelter Druck – durch den Geldgeber und durch den Informationsverlanger. Das läuft insgesamt ganz gut.
Es gibt einen Haufen Deppen, die denken, ihre PR-Botschaften seien das Glück der Welt. Geschenkt. Auch Alt-Auto-Verkäufer verkaufen Alt-Autos und sind am Ende des Tages froh, wenn sie was verkauft haben und der Käufer um die nächste Ecke mit dem Schrott liegen bleibt.
Es gibt aber auch die, die sehr genau abwägen können, was „die Presse“ von ihnen verlangt, was sie liefern können und was nicht. Und ja: Ich habe zu solchen Leuten auch „Vertrauensverhältnisse“. Hier geht auch mal was „unter der Hand“.
Darin unterscheiden sich aus meiner Sicht PR-Menschen nicht von Politikern oder Geschäftsleuten oder Wissenschaftlern oder Promis. Das ist die Branche: Geben und Nehmen.
Wer nun beim Wort PR sofort Schaum vors Maul bekommt, wie der besagte Steinzeitjournalist, ist wenig gereift und hat nichts verstanden oder möglicherweise Dreck an der Hacke. Denn meine Erfahrung sagt mir, dass die, die am heftigsten Wegbeißen, möglicherweise genau wissen, warum sie das tun. Aber ich will jetzt nichts andeuten, was ich nicht belegen kann.
Kurzum: Leider gibt es mindestens so wenige oder so viele „professionelle“ PR-Menschen, wie es „professionelle“ Journalisten gibt. Insbesondere im Lokalen, aber auch drüber hinaus, sehe ich meist Journalisten, die alles mitschreiben, was Hinz und Kunz wichtig sagen, sie nehmen die Pressemappe mit und am Ende steht überall dasselbe, weil man sich nicht aus dem Fenster lehnen will.
Recherche ist, wenn die Pressemitteilung umformuliert worden ist.
Das hat nichts mit Journalismus zu tun.
Der Herr Schraven wirft mir nun vor, dass ich Pressemitteilungen nicht umformuliere, sondern mein Blog damit „zumülle“.
Lieber Herr Schraven – ich erkläre Ihnen das noch einmal. Wir bringen Pressemitteilungen nach Durchsicht. Also solche, von denen wir ausgehen, dass sie einen „Service“-Charakter für die Leser haben. Das geht für mich vollständig in Ordnung und ich bin dankbar für das Angebot – wir könnten das nicht alles selbst zusammentragen. Wir bieten tagesaktuelle Nachrichten an.
Die Pressemitteilungen sind auch Ausdruck für den Mut zur Lücke, den wir haben müssen, weil wir ein Start-up sind und nicht durch eine Stiftung mit Millionen Euro überhäuft worden sind. Pressemitteilungen nutzen wir als „Grundrauschen“. Wir kennzeichnen die ordentlich – auch wenn es Leute gibt, die, wie Sie, zu doof sind, um diese einzuordnen – und können damit gut leben.
Unser Salz sind die eigenen Stücke, die Recherchestücke, die Meinungsbeiträge, die Anaylsen. Und damit sind wir sehr erfolgreich. Dafür arbeiten wir hart und sicher nicht so gut bezahlt wie Sie gerade. Und jede Investigation kann uns nicht nur Geld für die Arbeit kosten – ganz im Gegenteil könnte das den Verlust von Werbeleistungen bedeuten. Das interessiert und sehr – hat aber noch niemals eine Veröffentlichung verhindert.
Das interessiert auch andere. Teils sogar so sehr, dass sich selbst die taz in Berlin oder so ein mit Millionen gepämperter Steinzeit-Journalist im Ruhrpott mit uns beschäftigt.
Möglicherweise deswegen, weil wir durch Recherche und Meinungsbeiträge über die Region hinaus Aufmerksamkeit auslösen, der man sich nicht entziehen kann.
Zurück zur PR – alle Leute, die was Wesentliches zu erzählen haben und mit denen Journalisten zu tun haben, machen immer irgendeine Form von „PR“. Ob für sich oder andere.
Wer das leugnet, ist ein Depp und hat nichts verstanden. Wer damit umgeht – und zwar sorgfältig – ist ein guter Journalist. Weil er sich Quellen erschließt und deren Aussagen dokumentiert. Wenn mal was schwarz auf weiß draußen ist, ist das ein Dokument. Insofern dokumentiere ich PR-Menschen und andere gerne und fleißig. Denn, wenn die gelogen haben, kann ich Ihnen das unter die Nase reiben. Schon mal drüber nachgedacht?
Wer sich nur auf anonyme „Zurauner“ verlässt, rutscht irgendwann aus und fällt voll auf die Fresse. Denn die meisten, die „zuraunen“, sind keine verlässlichen Quellen. Hat Ihnen das niemals niemand beigebracht?
Kleiner Tipp an Sie, Herr Schraven. Ich bin zwar nur fünf Jahre älter, aber ich habe in Zeiten Journalismus gelernt, als Sie noch von Millionen geträumt haben. Die haben Sie jetzt – gehen Sie gut damit um.
Und verzichten Sie bitte auf jede Form von PR – denn dann werden Sie bäh. Sie wissen schon. Kotz. Spei. Würg. Krampf. Schüttel.
Tun Sie Gutes. Aber vermeiden Sie auf alle Fälle, darüber zu reden. Denn dann machen Sie PR.
Und wenn ich Sie dann daran erinnere, wie Sie PR einschätzen, dann sehen Sie im Spiegel genau eins: Ihren dünnpfiffigen Hintern.
Folge mir!