Dienstag, 30. Mai 2023

Die Wahrheit ist immer anders

Mein persönlicher schwarzer Mittwoch

Mannheim, 12. Dezember 2013. (pro) Ich bin ein Journalist aus Überzeugung. Das habe ich spät verstanden, aber schon immer gelebt. Fragen stellen, sich einmischen. Und ich habe immer versucht, Menschen zu schützen. Insbesondere als Journalist meine Quellen. Und ich war 22 Jahre erfolgreich damit. Jetzt ist mir eine Quelle verbrannt und das nehme ich mir persönlich übel.

Von Hardy Prothmann

Aufgrund eines von mir verantworteten Artikels hat ein Mensch seinen Job verloren.

Das ist früher auch schon passiert, aber das hatte seine Berechtigung, weil die „Mist gebaut hatten“.

Aktuell ist mir zum ersten Mal im Leben eine Quelle verbrannt.

Ich habe schon ein paar Mal auf Stories verzichtet, die mir viel Ruhm und Geld gebracht hätten. Meine Quellen wären kaputt gegangen.

Jetzt ist es passiert. Nicht mir, sondern einem Mitarbeiter. Aber ich bin verantwortlich.

Ich schreibe das auf, weil ich das als Warnung nehme. Als Erinnerung an die eigenen Verantwortung.

Der Fehler kann jedem passieren, der verantwortlich ist. Entscheidend ist, solche Fehler zu vermeiden und besser – auszuschließen.

Es muss immer alles getan werden, um einen Nachteil für Quellen zu verhindern.

Der Fall ist nicht „spektakulär“ – und weiter? Er ist persönlich. Der Mensch, der sich meiner Redaktion anvertraut hat, sich vertraulich geäußert hat, hat Schaden erlitten.

Es ist vollkommen egal, dass der Schaden letzlich ein Glück war und der Job-Verlust sich zum Vorteil für diesen Menschen gewendet hat.

Klar ist, dass ein Bericht, dem ich nicht die notwendige Aufmerksamkeit gegeben habe, der Auslöser für den Jobverlust war. Und klar ist auch, dass ich das Thema als „zu gering“ eingeordnet habe.

Mein persönlicher Fehler ist, dass ich zwischen „großer“ Politik und „kleiner“ unterschieden habe.

Ich war nicht konzentriert genug.

Das bedaure ich sehr.

Die Konsequenz, dass sich für die Person letztlich alles zum Besseren gewendet hat,  ist erfreulich, mindert aber nicht meine Verantwortung.

Der 11. Dezember 2013 ist für mich ein schwarzer Mittwoch.

 

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Über Hardy Prothmann

Hardy Prothmann (50) ist seit 1991 freier Journalist und Chefredakteur von Rheinneckarblog.de. Er ist Gründungsmitglied von Netzwerk Recherche. Er schreibt am liebsten Porträts und Reportagen oder macht investigative Stücke.