Heddesheim/Koblenz, 04. November 2011. Die Rhein-Zeitung feiert sich heute mit einer Käfer-Themenseite. Über ihre Social Media-Kanäle wie Facebook und Twitter wird die Seite aktiv beworben. Dabei handelt es sich um die Wiedergabe eines Plakats der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz – aus dem Jahr 2009.
Von Hardy Prothmann
Was macht man, wenn die Redaktionsbudgets eng sind? Man sucht nach kostenfreien Inhalten. Heute hat die Rhein-Zeitung in Koblenz eine „Käfer-Themenseite“ veröffentlicht, auf der 42 Käfer in Rheinland-Pfalz dargestellt werden.
Social Media-Redakteur Marcus Schwarze verlinkt auf Facebook voller Stolz und Pathos ein Foto der Fotoseite:
„Wegen solcher Zeitungsseiten arbeite ich bei der Rhein-Zeitung http://t.co/z7KpUrYP“
Und weiter als Kommentar unter dem Bild:
„Käfer-Alarm bei der Rhein-Zeitung! Selten haben wir eine so krabbelige Aufgabe lösen müssen…“
Wegen solcher Seiten also. Doch wo ist die journalistische Eigenleistung? Die Zeitungsseite gibt eine leicht veränderte Variante eines Plakats der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz wieder. Aus dem Jahr 2009 – also ein zwei Jahre altes Material. Meine Nachfrage bei der Stiftung hat ergeben, dass man das Poster kostenfrei verwenden darf. Ist das eine „krabbelige Aufgabe“ oder einfach nur peinlich?

Käfer-Plakat aus dem Jahr 2009 - kostenfrei nutzbar.
Ist es das, was die moderne Zeitung und den selbsterfundenen Qualitätsjournalismus ausmacht? Schulmaterial anderer kostenfrei aufzumachen, ein bisschen Text dazuschreiben und sich hinterher stolz selbst auf die Schulter klopfen?
Vermutlich hat die Rhein-Zeitung bei der Wiedergabe von 42 unter rund 8.000 Käferarten eine neue Form von Journalismus erfunden, den Bug-Journalismus. Man käfert oder krabbelt sich alte Inhalte zusammen und verkauft das als tolle Leistung.
Wer sich wirklich über Käfer informieren will, nimmt das Internet zur Hand, schaut sich das Plakat der Stiftung an und geht dann bei sehr, sehr langen und informativen Wikipedia-Artikel zum Thema „Käfer“.
Dort erfährt man auch, dass es mit dem Krabbeln der Käfer bald vorbei sein wird – denn viele sterben, der Rest geht in Winterschlaf. Im Frühlung geht das Krabbeln wieder los. Die Rhein-Zeitung veröffentlicht also nicht nur altes, kostenfreies Material, sondern wählt auch zielsicher die schlechtdenkbarste Zeit dafür. Bravo!
Folge mir!