
Platz 1 bei Google News für Michael Schumacher. Quelle: Google News
Mannheim, 30. Dezember 2013. (red) Die Nachricht vom tragischen Unfall des Ex-Formel1-Weltmeister Michael Schumacher ging wie ein Lauffeuer um die Welt. Der mediale Hype ist gewaltig. Die Aufmerksamkeit riesig. Die Inhalte der „Nachrichten“ hingegen sind dürftig. Ebenso wie die Frage nach der Gewichtung von Nachrichten in verschiedenen (Leid-)Medien.
Von Hardy Prothmann
Die deutsche Tagesschau meldet:
Verletzter Ski-Faher in französischer Klinik
Deutscher Skifahrer bei Unfall verletzt
Der siebenfache Skat-Ortsmeister Hans Müller ist bei einem Skiunfall verletzt worden – entgegen ersten Medienberichten aber offenbar nicht schwer. Müller soll im Skigebiet von Méribel in Frankreich auf einen Felsen gestürzt sein.
Glück im Unglück für den siebenfachen Skat-Ortsmeister Hans Müller. Der 44-Jährige hat sich bei einem Skiunfall in den französischen Alpen offenbar nur leicht verletzt. Zunächst hatten französische Medien von einem schweren Sturz gesprochen.
Der Direktor der Skistation von Méribel, Gernignon-Lecomte bestätigte, dass Müller mit einem Helikopter ins Krankenhaus von Moûtiers geflogen wurde. Der ehemalige Skat-Spieler sei nach seinem Sturz etwas durchgeschüttelt, aber ansprechbar gewesen. Wahrscheinlich habe Müller eine Gehirnerschüttung, im schlimmsten Fall ein Schädeltrauma.
Können Sie sich nicht vorstellen? Stimmt. Die Originalnachricht lautete:
Formel-1-Weltmeister in französischer Klinik
Schumacher bei Skiunfall verletzt
Der siebenfache Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher ist bei einem Skiunfall verletzt worden – entgegen ersten Medienberichten aber offenbar nicht schwer. Schumacher soll im Skigebiet von Méribel in Frankreich auf einen Felsen gestürzt sein.
Von Anne Christine Heckmann, ARD-Hörfunkstudio Paris
Glück im Unglück für Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher. Der 44-Jährige hat sich bei einem Skiunfall in den französischen Alpen offenbar nur leicht verletzt. Zunächst hatten französische Medien von einem schweren Sturz gesprochen.
Der Direktor der Skistation von Méribel, Gernignon-Lecomte bestätigte, dass Schumacher mit einem Helikopter ins Krankenhaus von Moûtiers geflogen wurde. Der ehemalige Formel-1-Pilot sei nach seinem Sturz etwas durchgeschüttelt, aber ansprechbar gewesen. Wahrscheinlich habe Schumacher eine Gehirnerschüttung, im schlimmsten Fall ein Schädeltrauma.
Keine Frage. Ein tragischer Unfall hat sich ereignet. Ein Mensch ist schwer verletzt worden und kämpft um sein Leben. Seine Angehörigen haben Ängste und Sorgen.
Keine Frage. Deutschland leistet sich mit dem Öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem ein sehr teures, aber insgesamt sehr wichtiges System für einen (theoretisch) staatsfernen Journalismus. Und natürlich gehören Nachrichten zu prominenten Personen der Zeitgeschichte mit zu einem umfassenden Nachrichtenangebot.
Was allerdings der Ski-Unfall eines Ex-Formel1-Rennfahrers in der Tagesschau verloren hat, erschließt sich selbst nach kritischer Prüfung höchstens dann, wenn es halt sonst keine „wichtigen“ Nachrichten gegeben hat an diesem Tag.
Wieso aber eine Korrespondentin im Hunderte Kilometer entfernten Paris ein Artikelchen schreiben muss, dessen Inhalt sich kurze Zeit später beim wesentlichen Teil als falsch herausstellt („leichte Verletzung“) erschließt sich ebenfalls nicht.
Ebensowenig wie ein medialer Hype, der über fast alle großen Medien, Mediendienste und Agenturen läuft, die alle mehr oder weniger nichts als die immergleiche Nachricht verbreiten, die sich so zusammenfassen lässt:
Der 44-jährige Ex-Formel1-Weltmeister Michael Schumacher aus Kerpen ist am 29. Dezember 2013 gegen 11 Uhr  im französischen Skigebiet Méribel schwer verunglückt und hat eine lebensbedrohliche Kopfverletzung erlitten. Zur Zeit wird er in einem Krankenhaus in Moûtiers behandelt. Nach Aussage der behandelnden Ärzte ist sein Zustand kritisch.
Tatsächlich wird auf allen Kanälen nicht die Nachricht verbreitet, sondern mit zusätzlichen Elementen wie Fotostrecken, Anteilsnahme-Tweeds, Nachrichten-Tickern und was den Redaktionen noch so einfällt aufgepumpt. Und es werden „Essays“ geschrieben, wieso der Mann letztlich an „einem Geschwindigkeitswahn“ scheitern musste.
Ist das Journalismus? Ist das die Aufgabe „der Medien“? Voneinander abzuschreiben, alle dasselbe in „aufgehübschten“ Artikeln zu verbreiten? Darüber kann man sicherlich diskutieren.
Auch darüber, warum es kaum noch Medien gibt, die sich „trauen“, eine Nachricht nicht zu bringen oder zumindest nicht aufzubohren. Tatsächlich haben die meisten Sorge, man könne was an Klicks und Einschaltquote verlieren. „Auflage“ spielt in dieser Hinsicht keine Rolle, weil deutsche Zeitungen bis auf wenige Ausnahmen keine „Auflage“ machen. Sie müssen nicht am Kiosk gekauft werden – der deutsche Zeitungsleser bezieht ein Abo.
Und einige erinnern daran – inklusive einem ehrlich geäußerten Mitleid für den Verunglückten als Person und seine Angehörigen -, dass Michael Schumacher zwar ein erfolgreicher „Sportler“ ist, aber er ist auch eine Art „Wirtschaftsflüchtling“ – nur anders. Ein Luxus-Wirtschaftsflüchtling.
Er ist nicht in die Schweiz geflohen, weil er arm und ohne Perspektive ist, sondern weil er Steuern sparen will. Und sicher nicht ein paar hundert Euro, sondern Summen, die sich der Durchschnittsdeutsche überhaupt nicht vorstellen kann. Dieses „Idol“ beteiligt die deutsche Gesellschaft nicht am eigenen monetären Erfolg, den er auch in Deutschland auf staatlich subventionierten riesigen Sport-Anlagen, gemeinhin „Ring“ genannt, in unglaublichen Umfang angehäuft hat. Noch dazu in einem mafiös organisierten System.  Und vor Jahren hat dieses angebliche „Vorbild“ in der Bild mal verkündet, dass er noch nie gewählt habe.
Ist so jemand ein Vorbild? Handeln die Medien verantwortlich, wenn sie nach sorgfältiger Prüfung aller Fakten diese Informationen ausblenden, um den Boulevard auf Tempo 300 durch die Kurve zu beschleunigen?
Was ist der Unterschied zu Hans Müller, der es sich leisten kann, diesem gefährlichen Sport nachzugehen? Was denken Millionen Deutsche darüber, die sich weder einen Urlaub im Skigebiet leisten können noch die mit Sicherheit allerbeste medizinische Betreuung, die ein Michael Schumacher erfährt?
Was sollen Hinweise auf Vater und Ehemann? Hier ist kein Broterwerber verunglückt. Selbst wenn das Schicksal es nicht gut mit Herrn Schumacher meinen sollte – finanzielle Not droht weder ihm noch seiner Familie.
Die CSU droht aktuell gerade allen rumänischen und bulgarischen EU-Bürgern, die nach Deutschland kommen wollen: „Wer betrügt, der fliegt.“ Mit Sicherheit gibt es auch Genesungswünsche von Seehofer & Co. an einen Steuerbetrüger und Nicht-Wähler, der sich ganz legal ins Ausland abgesetzt hat.
Ich kann es nur mit den Kommentatoren halten. Persönlich tut mir Herr Schumacher und seine Familie leid. Ich wünsche dem Menschen Schumacher wie allen kranken und verunglückten Menschen eine gute Genesung. Für den Steuerflüchtling, der sich über die Demokratie lächerlich gemacht hat, hatte ich und habe ich nichts übrig.
Folge mir!