Mannheim/Berlin, 24. Juni 2014. (red) Backlinks, freundliche redaktionelle Erwähnung – quasi täglich laufen in der Redaktion diese „Angebote“ ein. Man sei sehr überzeugt von unseren redaktionellen Inhalten und möchte gerne anfragen – um redaktionell getarnte Werbung zu veröffentlichen. Leider scheinen sich viele drauf einzulassen und nicht nur „kleine Blogger“, sondern Bild, Welt, Tagesspiegel, Focus und sogar die ARD.
Heute kam mal wieder eine dieser netten emails von einem Marketingleiter:
Hallo Herr Prothmann,
ich wollte nachfragen, ob es möglich wäre, dass Sie einen Artikel zum Thema Kultur vielleicht auch in Bezug auf Reisen auf Ihrer Website veröffentlichen, in dem Sie dann auf ? verweisen.
Ist dies möglich bzw. wie wäre gegebenenfalls dabei der Ablauf?
Unsere kostenlose Reisesuchmaschine auf www.?.de kombiniert und vergleicht die Verkehrsmittel Bahn, Bus, Flugzeug sowie Mietwagen auf einen Blick und vereinfacht das Gestalten eines individuellen Reiseplans.
Sie können sich gerne einmal selbst die Anfahrtsmöglichkeiten nach Mannheim oder in eine andere Stadt auf www.?.de anzeigen lassen.
Ebenso können Sie sich auch hier einen kleinen Beitrag über uns in der ARD ansehen, um sich ein Bild von uns zu machen.
Sollten noch Fragen Ihrerseits offen sein können Sie sich gern bei mir melden.
Ich bin auch telefonisch unter folgender Telefonnummer zu erreichen:
030 /
Ich würde mich sehr über ein Feedback freuen.
Beste Grüße aus Berlin
Beispiele für ? in den Medien:
BILD
Die Welt
Tagesspiegel
Morgenpost
Focus
GIGA
TechCrunch
Tnooz
Als Service-Thema kann ich mir das schon in meinen Blogs vorstellen – schließlich ist bald Reisezeit. Ich rufe den Marketingleiter an.
Ich: Guten Tag, Hardy Prothmann vom Rheinneckarblog.de in Mannheim. Sie haben uns angeschrieben. Dazu kann ich Ihnen gerne das Angebot machen, Werbung bei uns zu schalten.
Marketingleiter: Nein, daran haben wir kein Interesse. Uns geht es um eine redaktionelle Erwähnung mit Backlink.
Ich: Wir können auch einen Service-Artikel veröffentlichen, der Unter Nachrichten-Wirtschaft, aber auch unter Anzeige veröffentlicht wird. Wie kennzeichnen Fremdtexte immer eindeutig. Eine Vermischung von Redaktion und Anzeigen findet nicht statt.
Marketingleiter: Wir können auch gerne für das Schreiben des Textes bezahlen.
Ich: Kein Problem, es bleibt aber trotzdem eine Dienstleistung und Fremdauftrag und wird mit Anzeige gekennzeichnet.
Marketingleiter: Daran haben wir kein Interesse.
Ich: Es besteht die Möglichkeit, dass wir darauf hinweisen, dass Sie sich gerne von uns prüfen lassen wollten – wir schreiben einen Text inklusive Kritik, sofern wir etwas kritisch sehen. Sie können Anzeigen schalten. Auch das ist sauber getrennt, da es keinen Einfluss auf die redaktionelle Leistung gibt. Wir vermerken allerdings, dass unser Werbekunde gerne wollte, dass wir das Angebot mal unter die Lupe nehmen. So ist das transparent und keine Leserverarsche.
Marketingleiter: Wir wollen ja auch niemand verarschen, sondern eine positive redaktionelle Besprechung.
Ich: Wir können Ihnen nur einen als Anzeige gekennzeichneten Platz für einen Artikel anbieten oder eine Werbeschaltung.
Marketingleiter: Aber andere Medien haben das doch auch gemacht?!
Ich: Andere Medien sind andere Medien. Wir arbeiten unabhängig und trennen strikt. Interessiert Sie das Angebot?
Marketingleiter: Nein, an einer Bannerschaltung haben wir kein Interesse.
Ich: Dann ist das so. Schönen Tag noch.
Marketingleiter: Schönen Tag.
Ob sich der Marketingleiter tatsächlich über mein Feedback gefreut hat? Wie viele Gespräche dieser Art werden täglich geführt? Wie viele „Vereinbarungen“ getroffen? Die Liste der Medien, die sich offenbar auf „Absprachen“ einlassen, gibt einen Anhaltspunkt. Mit Journalismus hat das alles nichts zu tun – man muss davon ausgehen, dass die meisten Texte, in denen Unternehmen mit ihren Angeboten „besprochen“ werden, dann eher durch einen Geldfilter betrachtet werden. Spannend dürfte die Frage sein, wie dieser Anbieter es geschafft hat, Erwähnung beim WDR zu finden – ob da hinter den Kulissen noch ein Backlinkschisch geflossen ist?
Herr Niggemeier – übernehmen Sie?
Folge mir!